Der Podcast "Lost in the Cloud" des Hörkombinat Politik beleuchtet die wachsende Abhängigkeit Schweizer Behörden von Microsofts Cloud-Diensten. Moderator Dominik Dusek spricht mit dem Journalisten Adrian Fichter über dessen Recherchen für den WOZ-Artikel zum Microsoft-Report. Fichter zeigt auf, dass praktisch alle Schweizer Kantone ihre Verwaltungsdaten in Microsoft-Clouds speichern, einschließlich sensibler Gesundheits- und Sozialdaten. Die Diskussion beleuchtet die historische Pfadabhängigkeit seit den 2000er Jahren, die Sicherheitsrisiken durch US-Gesetze wie Cloud Act und FISA, sowie die geopolitischen Implikationen der Trump-Präsidentschaft. Als positive Beispiele werden das Bundesgericht in Lausanne und das deutsche Bundesland Schleswig-Holstein genannt, die auf Open-Source-Alternativen setzen. Die Episode plädiert für europäische digitale Souveränität durch Investitionen in offene Standards und europäische IT-Unternehmen. ### 1: Fast alle Schweizer Kantone speichern Behörden- und Bürger:innendaten in Microsoft-Clouds Adrian Fichter recherchierte, dass praktisch alle Schweizer Kantone Microsoft 365 nutzen und damit sensible Daten in US-amerikanische Clouds übergeben. Wie Fichter feststellt: "Ich gehe davon aus, eigentlich ziemlich alle. Ich habe dazu auch noch Mathias Stürmer gefragt [...] Er hat gesagt, ja, also, man weiß eigentlich nicht von Ausnahmen." ### 2: Sensible Gesundheits- und Sozialdaten erhalten nur beschränkten Schutz Besonders brisant: Im Kanton Aargau dürfen laut Regierungsratsantwort "Angaben zur Straffälligkeit, ärztliches Gutachten, Unterbringungsmaßnahmen" in Microsoft-Clouds gespeichert werden. Fichter zeigt sich schockiert: "Das hat mich auch sehr schockiert. Das habe ich schon beim Kanton Luzern schockiert und auch im Kanton Aargau." ### 3: Microsoft nutzt systematisch Lock-in-Effekte zur Marktbeherrschung Die Technologie-Konzern nutzt gezielt Migrationsschwierigkeiten als Druckmittel. Wie Fichter analysiert: "Sobald das da drin ist oder wenn du Software schreibst, die dann auch da gespeichert wird und gehostet wird, dann ist das ja auch eine Form von Kontrollverlust. Du kannst das Ding dann nicht mehr so schnell rausnehmen und migrieren." ### 4: US-Präsident Trump könnte Schweizer Behörden digital "ausschalten" Die Abhängigkeit wird zur akuten Gefahr durch Trumps Präsidentschaft. Fichter warnt: "Also, kann Trump via Dekret anordnen, die Schweiz digital auszuschalten und yes, he can. Also, er kann das." Dies zeige das Beispiel der gesperrten E-Mails des ICC-Chefanklägers. ### 5: Cloud Act und FISA ermöglichen geheimen US-Datenzugriff US-Behörden können via Cloud Act und Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) auf in der Schweiz gespeicherte Daten zugreifen. Fichter erklärt: "Es gibt da auch einen Gag Order, sozusagen, dass Microsoft auch nicht darüber sprechen darf." ### 6: Alternativen existieren - fehlt nur der politische Wille Positive Beispiele zeigen Machbarkeit: Das Bundesgericht Lausanne nutzt seit Jahren Open Source, Schleswig-Holstein plant systematischen Ausstieg. Fichter betont: "Es sind Betriebssysteme in Einsatz. Es gibt Software, es gibt eigentlich für jedes Angebot von Microsoft gibt es eine Alternative." ## Einordnung Das Hörkombinat liefert mit dieser Episode investigativen Journalismus in Reinkultur. Die Gesprächsführung durch Dominik Dusek ist sachlich und systematisch, ohne sensationsgeil zu wirken. Besonders bemerkenswert ist die klare Trennung zwischen Faktenrecherche und politischer Bewertung. Adrian Fichter positioniert sich nicht als Tech-Gegner, sondern als kritischer Beobachter, der die systemischen Probleme der Monopolbildung benennt. Der Podcast zeigt eindrucksvoll, wie digitale Infrastruktur zur Machtfrage wird - ohne dabei in billige Anti-USA-Rhetorik zu verfallen. Die Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen (Cloud Act, FISA) ist präzise und für Laien verständlich. Kritisch anzumerken ist, dass die Perspektive von Microsoft selbst in dieser Folge fehlt - ein kleines Manko in einem sonst überzeugenden Format, das zeigt, wie digitale Souveränität zur existenziellen Frage für Demokratien wird.