DW AfricaLink: Muhammadu Buhari leaves a complex legacy

Eine nuancierte Analyse des kontroversen Erbes von Nigerias ehemaligem Präsidenten Buhari, die sowohl seine Erfolge als auch seine Versäumnisse beleuchtet.

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In der Episode "Nigerians are divided on the legacy of their late former president" ("Nigerianer sind gespalten über das Erbe ihres verstorbenen ehemaligen Präsidenten") diskutiert die Moderatorin Josephine Mahachi mit dem Politikwissenschaftler Dengiefa Angalapu vom Center for Democracy and Development und DW-Korrespondent Abiodun Jamiu über das kontroverse Erbe Muhammadu Buharis, der am 13. Juli 2025 im Alter von 82 Jahren in London verstorben ist. ### Buhari habe sowohl als Militärdiktator als auch als demokratischer Präsident das Land geprägt Angalapu beschreibt Buharis besonderen Stellenwert: "Buhari is the first opposition president to unseat an incumbent democratically elected president in Nigeria." Er habe 2015 Geschichte geschrieben, als er erstmals einen amtierenden Präsidenten demokratisch besiegte. Zuvor war er bereits 1983 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen, aber nach weniger als zwei Jahren gestürzt worden. ### Seine Anti-Korruptions-Rhetorik sei selektiv und ineffektiv gewesen Trotz seiner Reputation als Disziplinär und Korruptionsbekämpfer sei seine Bilanz ambivalent. Angalapu kritisiert: "The fight against corruption was very, very selective, targeting political opponents... the cronies of the presidents were actually exempted." Zudem habe er versprochen, "one Naira equals to $1" zu erreichen, stattdessen sei die Währung drastisch abgewertet worden. ### Die Sicherheitslage habe sich unter seiner Führung verschlechtert Obwohl Buhari mit dem Versprechen angetreten sei, die Sicherheit zu verbessern, habe sich die Lage verschärft. Angalapu erklärt: "Security challenges moved from just the Northeast to the Northwest where you had banditry. The North Central became a hotbed of farmer-herder conflict." Seine ethnisch gefärbten Äußerungen über den Südosten als "dot" hätten zusätzlich Spannungen verstärkt. ### Junge Nigerianer erinnerten sich hauptsächlich an Repression und wirtschaftliche Härten Jamiu berichtet über die Wahrnehmung der Jugend: "When the people organized protests, just like the #EndSARS that we mentioned, it met with violence." Studenten hätten monatelang wegen Streiks zu Hause verbracht, und Twitter sei nach kontroversen Äußerungen des Präsidenten gesperrt worden. Viele junge Menschen sähen in Buhari ein Beispiel für schlechte Regierungsführung. ### Seine Infrastrukturprojekte würden auch von Kritikern anerkannt Trotz aller Kritik habe Buhari im Infrastrukturbereich Erfolge erzielt. Jamiu betont: "Even his opponents often admit that his government builds things," und verweist auf Eisenbahnprojekte und Straßenbau. Auch die Verabschiedung des Petroleum Industry Act nach jahrzehntelanger Verzögerung werde als Erfolg gewertet. ### Sein Tod spalte die Nation entlang regionaler und generationeller Linien Jamiu beschreibt die geteilten Reaktionen: "Among the older generations, conservative northern Nigerians, people remember the image of a humble president... In the South, in the Middle West, they endure too much for them to mourn." Manche Nigerianer machten sogar Witze darüber, dass er nicht einmal in seinem eigenen Land gestorben sei. ## Einordnung Die Diskussion zeigt exemplarisch, wie komplex die Bewertung politischer Führung in postkolonialen Kontexten ist. Bemerkenswert ist die analytische Tiefe, mit der beide Experten Buharis Widersprüche zwischen demokratischen Versprechen und autoritären Praktiken herausarbeiten. Angalapu und Jamiu gelingt es, strukturelle Probleme der nigerianischen Politik zu beleuchten, ohne in pauschale Urteile zu verfallen. Die Moderatorin Mahachi schafft durch ihre persönliche Eingangsschilderung eine menschliche Dimension, die das komplexe Bild vom "soft-spoken" Politiker versus harten Machthaber unterstreicht. Problematisch bleibt jedoch die weitgehende Ausblendung von Stimmen der Zivilgesellschaft und Opposition - die Diskussion kreist stark um Elite-Perspektiven. Die Analyse ethnischer Spannungen und regionaler Unterschiede in der Wahrnehmung Buharis ist aufschlussreich, könnte aber stärker in größere Muster nigerianischer Politik eingeordnet werden. Bemerkenswert ist auch Angalapus Plädoyer gegen die Tabuisierung kritischer Nachrufe - ein wichtiger Beitrag zur Debatte über demokratische Erinnerungskultur in Afrika. Die Episode bietet eine facettenreiche Analyse eines umstrittenen Politikers, die sowohl dessen Erfolge als auch Versäumnisse beleuchtet, ohne dabei die gesellschaftlichen Spaltungen zu verschleiern, die sein Erbe prägen.