Die DLF-Dokumentation „Kokain am Strand“ begleitet Vanja Budde zu ostfriesischen Häfen, in denen international operierende Drogenkartelle neuerdings Kokain per Fischerboot, Taucher-Einsatz oder „Drop-Off“ mit Sendern an die Küste liefern. Sie sprechen mit Polizeidirektor Stefan Zwreg, Zoll-Sprecher Volker von Maurich, Strafrechtsprofessor Arndt Sinn und Sozialarbeiterin Susanne Albrecht über Verschiebungen der Schmuggelrouten, neue Technik (Luftschnüffler-, Röntgen-Trucks), die Folgen für den europäischen Markt und die Debatte um Beweislastumkehr gegen Geldwäsche. Die 28-minütige Reportage zeigt, wie ein globales Geschäft ländliche Regionen erfasst und warnt vor zu einfachen Lösungen. ### 1. Kleine Häfen werden zum Einfallstor Zwerg erklärt, dass etwa 40–50 % des Kokains über Antwerpen kommen; wegen verstärkter Kontrollen suchten die Kartelle „andere Lösungen“. Auch „Norddeich oder Bensersiel, Carolinensiel“ würden angefahren: „Wer glaubt, dass kleine Häfen nicht benutzt werden, der irrt gewaltig.“ ### 2. „Drop-Off“ statt Container – neue Schmuggelmethoden Per GPS markierte Kokainpakete würden „über Bord geworfen“, von Fischkuttern oder Tauchern nachts in Häfen gebracht: „dann setzen diese Gruppierungen auch Taucher ein … um die Drogen von den Schiffsrümpfen abzubauen.“ ### 3. Technik als Antwort: Hunde erschnüffeln Luft, LKW röntgt Container Von Maurich zeigt eine Luftabsaugekiste für Spürhunde („muss nicht jeden Container vorher knacken“) und eine mobile Röntgentechnik, die 2017 eine Tonne Kokain in Gipsplatten aufdeckte. 2023 seien bundesweit „über 40 Tonnen Kokain“ beschlagnahmt worden. ### 4. EncroChat-Knack war nur ein „Durchbruch“, keine Entwarnung Sinn betont, das Entschlüsseln des Krypto-Netzes habe 6 500 Festnahmen ermöglicht, doch die Szene sei „hochanpassungsfähig“: neue Verschlüsselung, Lücken würden „rasch geschlossen“, die Machtstrukturen blieben. ### 5. Beweislastumkehr als politische Streitfrage Die geplante Umkehr bei Vermögensdelikten („Der Verdächtige muss beweisen, dass das Kapital legal ist“) findet bei Polizei Zustimmung, Sinn warnt aber vor „unverhältnismäßigen“ Eingriffen in das Eigentumsrecht. ## Einordnung Die Sendung arbeitet professionell auf: klare Gliederung, viele konkrete Beispiele, ausgewogene Expertenrunde aus Polizei, Zoll, Wissenschaft und Sozialarbeit. Budde gelingt es, ein komplexes internationales Phänomen regional erfahrbar zu machen, ohne in Sensationsmeldung abzurutschen. Die Dokumentation bleibt weitgehend faktenorientiert; wenn Behauptungen kommen, werden sie – etwa bei EncroChat oder den beschlagnahmten Mengen – durch mehrere Quaben gestützt. Diskursive Schwächen zeigen sich nur leicht: Bremer Innenbehörde äußert sich nicht, eine Kritik an Rauschgiftpolitik bleibt moderat. Rechtsradikale oder verschwörerische Narrative sucht man vergeblich; Nationalitäten werden lediglich aus dem Lagebild zitiert, nicht wertend aufgeladen. Der Fokus liegt auf Strukturen statt auf einfachen Schuldigen, technische Innovation wird realistisch als Wettlauf dargestellt. Insgesamt ein informativer, sorgfältig recherchierter Beitrag, der ohne Angstmache aufzeigt, warum selbst idyllische Nordseeorte zum Schauplatz globaler Machenschaften werden. Hörempfehlung: Wer verstehen will, wie Drogenhandel heute funktioniert und warum auch kleine deutsche Häfen davon betroffen sind, erhält hier eine anschauliche, sachliche Analyse.