Michael Nikbakhsh präsentiert in der 18. Folge der Serie zum Fall Christian Pilnacek zwei neue Erkenntnisse: Erstens sei Sebastian Kurz laut seinem Anwalt Otto Dietrich am Vormittag des 20. Oktober 2023 per SMS über den angeblichen Suizid informiert worden – zwei Minuten bevor die Leichenbeschau begann. Zweitens veröffentlicht der Journalist Peter Pilz über „Zackzack“ ein erstes Privatgutachten des Berliner Rechtsmediziners Michael Tsokos, das erhebliche Zweifel am offiziellen Ergebnis „Ertrinken“ formuliert: Fehlende typische Befunde wie kein Schaumpilz, massive Hirnschwellung und zahlreiche nicht erklärte Verletzungen würden Fremdverschulden nicht ausschließen. Die Episode rekonstruiert minutiös die Kommunikationswege zwischen Politik, Medien und Behörden und zeigt, dass die Suizid-These sich bereits vor der Obduktion durchgesetzt hatte, obwohl die Ärztin zunächst nur „unklare Todesumstände“ attestiert hatte. ### 1. Die Suizid-Meldung erreichte Kurz’ Anwalt vor jeder offiziellen Feststellung Otto Dietrich erhielt um 9:28 Uhr eine SMS, dass Pilnacek „angeblich Suizid“ begangen habe – zwei Minuten bevor die Leichenbeschau begann. Im Zeugenstand sagte er: „Die Nachricht selbst habe ich jedenfalls nicht mehr, die sei gelöscht.“ ### 2. Die Ärztin fand keine eindeutige Todesursache, doch die Presse sprach sofort von Suizid Die Amtsärztin stellte fest: „Todesursache nicht feststellbar, Fremdverschulden nicht auszuschließen, Obduktion erforderlich.“ Trotzdem kursierte in Medienkreisen nur die Suizid-These. ### 3. Das private Gutachten zweifelt den Ertrinkungstod massiv an Michael Tsokos konstatiert: „Für den Berliner Rechtsmediziner ist der Ertrinkungstod Pilnaceks alles andere als erwiesen.“ Befunde wie massive Hirnschwellung (1.790 g) und fehlende Schaumpilze würden für eine Vergiftung oder ein Schädelhirntrauma sprechen. ### 4. Die offizielle Obduktion wurde erst sechs Tage später vorgenommen Die Obduktion fand erst am 26. Oktober 2023 statt; das Landeskriminalamt kürzte in seinem Bericht die Formulierung des Gerichtsmediziners von „keine eindeutigen Hinweise auf grobe Gewalteinwirkung“ zu „keine Hinweise auf Gewalteinwirkung“, was die Staatsanwaltschaft Krems als Freibrief für Ermittlungs-Einstellung nutzte. ### 5. Die neue Staatsanwaltschaft Eisenstadt muss nun prüfen, ob der Fall neu aufgerollt wird Die Oberstaatsanwaltschaft Wien entband die Kremer Behörde wegen „Befangenheitsverdacht“ und wies die Prüfung zu, ob weitere Ermittlungen nötig sind. Die bisher zurückgehaltenen weiteren Privatgutachten könnten nun doch noch offiziell einfließen. ## Einordnung Nikbakhsh betreibt hier klassisches investigatives Handwerk: Er rekonstruiert eine Zeitleiste aus Prozessakten, Zeugenaussagen und Gutachten, ohne Spekulationen zu verbreiten. Die Stärke der Episode liegt in der konsequenten Fragestellung, warum eine Suizid-These sich durchsetzen konnte, bevor eine medizinische Basis dafür bestand. Dabei bleibt der Ton sachlich; Verschwörungstheorien werden nicht bedient, sondern es werden Lücken in den offiziellen Darstellungen sichtbar gemacht. Kritisch bleibt, dass die Autor:innen selbst keine neuen Beweise vorlegen, sondern bereits Bekanntes systematisieren – was aber angesichts der komplexen Prozesslage durchaus Mehrwert hat. Der Podcast lebt von der Detailverliebtheit und der Beharrlichkeit, mit der er die Behörden auf mögliche Fehler hinweist. Wer sich für österreichische Justiz- und Machtgeschichten interessiert, erhält hier eine minutiöse, glaubwürdige Recherche ohne Polemik.