Der Deutschlandfunk-Podcast "Der Rest ist Geschichte" widmet sich in der Folge "Die USA gelten als älteste Demokratie der Welt – doch unter Donald Trump fürchten viele den Aufstieg von Oligarchen" der Frage, was Oligarchie bedeutet und wie sie sich historisch entwickelt hat. Moderator Jörg Biesler führt durch die Sendung, die Expertise liefern die Althistorikerin Alexandra Eckhard und der Volkswirtschaftler Joachim Becker. ### 1. Die antike Wurzel des Begriffs Oligarchie Die Bezeichnung leite sich aus dem Altgriechischen ab: „Oligoi“ (wenige) und „Arche“ (Herrschaft). Bereits in Athen des 5. Jahrhunderts v. Chr. habe es erste Versuche gegeben, die junge Demokratie durch eine „bessere“ Herrschaft der „Besten“ zu ersetzen. Eckhard zufolge rechtfertigten sich antike Oligarchen damit, „dass sie die besten seien, die Aristoi … diejenigen, die am besten ausgebildet sind und die deshalb auch am besten Verantwortung für ein Gemeinwesen übernehmen können“. ### 2. Strategie der Tarnung: „bessere Demokratie“ statt offener Oligarchie Beide Athener Umstürze 411 und 404 v. Chr. zeigten laut Eckhard ein Muster: „Man sagt aber dann nicht … dass man jetzt eine Oligarchie einführen möchte, sondern man spricht davon, dass man eine bessere Form der Demokratie haben möchte.“ Die Versprechen auf mehr Effizienz und Frieden seien nicht eingelöst worden; stattdessen herrschten Willkür und Gewalt. ### 3. Sowjetunion 1991: Die Stunde der neuen Oligarchen Becker beschreibt, wie nach dem Zerfall der UdSSR politische Netzwerke und privilegierter Zugang zu Privatisierungsverfahren „riesige Vermögen“ generierten. „Der Aufstieg der Oligarchen in Russland hängt also zusammen mit dem politischen Personal.“ Die enge Verschränkung von Wirtschafts- und Staatsmacht habe sich in wöchentlichen informellen Treffen zwischen Jelzin und einer kleinen Gruppe reicher Geschäftsleute manifestiert. ### 4. USA und moderne Tech-Milliardäre Die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus 2025, begleitet von Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg, werde von Kritikern als Zeichen einer neuen Oligarchie gewertet. Becker stellt klar: „Meines Erachtens kann man eben Trump selbst auch als einen Oligarchen bezeichnen.“ Die Verbindung von Immobilienvermögen, politischem Einfluss und medialer Macht entspreche dem modernen Oligarchen-Profil. ### 5. Gemeinsames Merkmal: Vermischung privater und öffentlicher Interessen Oligarchie definiert Becker als „Herrschaft einer Minderheit, die die Macht zu ihren eigenen privaten Nutzen benutzt“. Dabei würden „ökonomische Macht und politische Macht miteinander verbunden und oft kommt auch noch mediale Macht dazu“. Dieses Muster sei von der Antike über die Renaissance bis in die Gegenwart wiederkehrend. ### 6. Demokratie als Mitmachgesellschaft Abschließend betonen beide Expert:innen, dass Demokratie mehr sei als alle vier Jahre wählen gehen. Eckhard sieht in der anthenischen Bürgerbeteiligung ein Vorbild: „Das war so eine Mitmachgesellschaft … das Gefühl zu haben, dass man … gemeinsam Dinge erreichen kann, die einem wichtig sind.“ ## Einordnung Die Folge arbeitet geschickt mit historischen Analogien, ohne direkte Parallelen zu zwingen. Die Expert:innen bleiben sachlich, liefern aber deutliche Warnungen: Wer ökonomische, politische und mediale Macht konzentriere, gefährde demokratische Strukturen. Besonders bemerkenswert ist die klare Benennung moderner Tech-Milliardäre und politischer Akteure als potenzielle Oligarchen – eine Seltenheit im öffentlich-rechtlichen Programm. Die Sendung verzichtet auf Verschwörungsmythen, bleibt aber kritisch gegenüber Machtkonzentration. Perspektiven von Betroffenen oder Gegner:innen der Oligarchen fehlen weitgehend; die Analyse bleibt akademisch distanziert. Dennoch gelingt eine anschauliche, gut recherchierte Auseinandersetzung mit einem hochaktuellen Thema. Hörempfehlung: Wer eine fundierte, historisch tiefgehende Einführung in das Thema Oligarchie sucht, erhält hier eine klare, sachliche Analyse ohne erhitzte Polemik.