Where Should We Begin? with Esther Perel: Friendship - My Reliable Gift

Esther Perel begleitet zwei Männer dabei, ihre jahrzehntelange Freundschaft neu zu definieren – jenseits von toxischer Maskulinität und unausgesprochenen Konflikten.

Where Should We Begin? with Esther Perel
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In dieser besonderen Folge von "Where Should We Begin?" begleitet Esther Perel zwei Männer, die seit der Vorschulzeit befreundet sind und nun über zwei Jahrzehnte später ihre tiefgreifenden Verletzungen und Missverständnisse offenlegen. Die beiden, beide Kinder süd-asiatischer Einwander:innenfamilien im US-amerikanischen Süden, haben ihre Freundschaft nie bewusst gepflegt – sie war einfach "da". Doch hinter der Fassade der unbeschwerten Jugendliebe lauern ungesagte Konflikte: Der eine fühlte sich als Muslim in einer katholischen Umgebung stets als Außenseiter, während der andere dessen Ausgrenzung nie wahrnahm. Beide tragen die Last familiärer Erwartungen, doch auf unterschiedliche Weise: Während der eine sich von seinen Eltern abnabeln musste, um eigene Wege zu gehen, fühlte sich der andere verpflichtet, finanziell für die Familie zu sorgen. Ihre unterschiedlichen Herangehensweisen an Erfolg, Bindung und Selbstverwirklichung führten zu stillen Verletzungen – jeder glaubte, der andere würde sich mehr für neue Bekanntschaften und Karrierechancen interessieren als für ihre tiefe Verbindung. Die Sitzung offenbart, wie sehr sie sich gegenseitig idealisiert und dabei gleichzeitig verletzt haben – einer als Verkörperung des unabhängigen Erfolgs, der andere als Inbegriff emotionaler Verbundenheit. Am Ende erkennen sie, dass ihre Freundschaft nur durch bewusste Pflege und regelmäßige Rituale überleben kann. ### Die versteckte Kluft der Migrationserfahrungen Obwohl beide als Kinder süd-asiatischer Einwander:innen aufwuchsen, erlebten sie ihre Herkunft grundlegend unterschiedlich. Der Muslim musste nach 9/11 mit Islamophobie kämpfen, während der Katholik diese Realität nicht wahrnahm. Diese ungleiche Erfahrung prägte ihre Selbstwahrnehmung jahrelang, blieb aber unausgesprochen. ### Die unterschiedlichen Familiendynamiken als Keim konkurrierender Lebensentwürfe Während die Eltern des einen ihre Kinder beschützen wollten und finanzielle Sorgen vor ihnen verbargen, erlebte der andere eine Kultur des gegenseitigen Gebens und Nehmens – mit klaren finanziellen Verpflichtungen. Diese unterschiedlichen Erziehungsstile führten zu konträren Selbstbildern: Unabhängigkeit versus Verantwortung für die Familie. ### Die Angst vor Bedürftigkeit als Barriere echter Nähe Beide Männer gestehen, dass sie nie zuvor offen über ihre tiefe Verbundenheit gesprochen haben – geprägt von männlichen Rollenbildern, die emotionale Offenheit als Schwäche deklarieren. Die Angst, als "needy" oder abhängig wahrgenommen zu werden, verhinderte jahrelang echte Intimität. ### Die Konkurrenz um Anerkennung und die Angst vor Ersetzbarkeit Jeder der Freunde fühlte sich durch die scheinbare Leichtigkeit des anderen ersetzt: Der eine durch neue berufliche Netzwerke und Erfolge, der andere durch scheinbar tiefere neue Freundschaften. Diese gegenseitige Projektion verdeckte jahrelang ihre tatsächliche Bedeutung füreinander. ### Die Notwendigkeit bewusster Pflege von Freundschaft Am Ende der Sitzung erkennen beide, dass ihre jahrzehntelange Freundschaft nicht automatisch weiterbestehen wird. Sie vereinbaren regelmäßige Treffen und bewusste Zeit füreinander – eine Erkenntnis, die ihre bisherige Annahme einer "automatischen" Freundschaft radikal infrage stellt. ## Einordnung Diese Folge zeigt eindrucksvoll, wie sehr Freundschaft zwischen Männern unter patriarchalen Zwängen leidet – die Angst vor emotionaler Offenheit wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Perels Herangehensweise ist vorbildlich: Sie schafft einen sicheren Raum, in dem verletzliche Männlichkeit nicht bloß affirmiert, sondern gemeinsam reflektiert wird. Besonders bemerkenswert ist, wie sie die spezifischen Erfahrungen süd-asiatischer Diaspora-Identitäten in den Südstaaten einbezieht, ohne diese zu verallgemeinern. Die Episode offenbart auch, wie unterschiedlich Migrationserfahrungen selbst innerhalb einer scheinbar homogenen Gruppe sein können – und wie diese Unterschiede, wenn sie unausgesprochen bleiben, zu tiefen Verletzungen führen. Die Methode, bewusste Rituale für Freundschaft zu etablieren, ist ein wertvoller Beitrag zur Diskussion über nachhaltige Beziehungspflege in einer Zeit permanenter Mobilität. Hörempfehlung: Ein ehrlicher, berührender Blick auf männliche Freundschaft jenseits toxischer Maskulinität – mit konkreten Werkzeugen für mehr Nähe und Verbindung.