Daniel Meßner und Richard Hemmer, beide Historiker:innen, erzählen sich in ihrer wöchentlichen Rubrik diese Woche die Biografie des englischen Gartengestalters Lancelot "Capability" Brown (1716–1783). Der Sohn eines Gutsverwalters revolutionierte ab den 1750er-Jahren die englische Landschaftsarchitektur, indem er strenge Barockgärten durch scheinbar natürliche Parks mit sanften Hügeln, gewundenen Seen und staffierten Baumgruppen ersetzte. Dabei nutzte er u. a. die „Ha-Ha“-Technik – einen versenkten Graben, der ohne sichtbare Zäune Weidetiere fernhielt. Brown arbeitete für Adel und Königshaus, u. a. in Blenheim Palace, wo er ein Tal flutete, sodass eine überdimensionale Brücke harmonisch wirkt. Seine Methoden waren gewaltig: ganze Dörfer wie Milton Abbas wurden abgerissen, um ungestörte Ausblicke zu schaffen. Zeitgenoss:innen feierten ihn als „allmächtigen Magier“, Kritiker:innen warfen ihm vor, Geschichte zu vernichten und Landschaften zu glatt zu „zähmen“. Die Episode zeigt, dass das heute typische Bild „englischer Natur“ in Wahrheit Kulturlandschaft ist und diskutiert Browns Erbe für moderne Parks weltweit. ### 1. Brown habe das Gesicht Englands geprägt Richard Hemmer betone, Browns Landschaften seien „tief verankert im englischen Selbstverständnis“. Indem er formale Barockgärten niederreiße und „Millionen von Bäumen“ pflanze, verwandle er das Land in eine idealisierte Natur, „die bis heute als Inbegriff des englischen Parks gilt“. ### 2. Die „Ha-Ha“-Technik mache Zäune unsichtbar Ein zentrales Mittel sei der „Ha-Ha“, ein tiefer, einseitig gestützter Graben. Er ermögliche „weite, ununterbrochene Aussichten“, ohne „Mauern oder Zäune“ zu stören, und sei deshalb Schlüssel für Browns Ästhetik der „nahtlosen Integration“ von Garten und Landschaft. ### 3. Brown treibe Dorf- und Fluss-Umlegungen durch reinen Machtanspruch Bei Milton Abbas kaufe Lord Milton „Parzelle um Parzelle“ auf, lasse letzte Härten durch Überschwemmung beseitigen und reiße ein mittelalterliches Dorf ab, „um dieser Vision eines einzigen reichen Mannes von einer perfekten Landschaft zu weichen“. Die Folge zeigt, dass Browns Entwürfe auf massive soziale Verwerfung beruhten. ### 4. Kontroversen zwischen Natürlichkeit und Geschmacks-Uniformierung begleiteten ihn Während Anhänger:innen Brown als Befreier der Natur feierten, kritisierten Maler:innen „regelmäßige Unregelmäßigkeit“ als „fade“ und „langweilig“. Zeitgenössische Theoretiker:innen wie William Chambers verspotteten ihn als „Küchengärtner“, weil er formale Bildung fehle. Die Diskussion um „zu viel“ oder „zu wenig“ Natur verdeutlicht den Stilbruch des 18. Jahrhunderts. ### 5. Browns Team- und Projektmanagement sei Vorbild für die Moderne Hemmer hebt hervor, Brown habe mit „akribischer“ Buchführung, dezentralem Netzwerk und „tausenden Tonnen“ Erd- und Wasserbau „die Grundlage für die moderne Landschaftsarchitektur“ gelegt – geistig wie organisatorisch. Seine Prinzipien lebten in 20.-Jh.-Neuanlagen wie Rutland Water weiter. ## Einordnung Die Episode steht für den lockeren, aber informativen Erzählstil des Formats: Persönliche Anekdoten (Brettspiel-Werbung, Spaziergänge durch Wiener Parks) verbinden sich mit fundierter Sozial- und Technikgeschichte. Die Moderator:innen liefern ein lebendiges Porträt, ohne Brown zu entlasten: Sie zeigen seine Ingenieurskunst, machen aber auch unverblümt die Macht- und Vertreibungsgeschichten sichtbar. Die Gesprächsdynamik ist sympatisch – Wissensfragen („Was denken die Fische?“) brechen Fachinformation auf –, doch bleibt das Format klar auf Unterhaltung ausgerichtet. Trotzdem gelingt eine differenzierte Würdigung: Brown wird weder als Genie verklärt noch als Vandale diffamiert, sondern als Geschäftsmann und Visionär eingebettet in adlige Repräsentationsbedürfnisse. Der Podcast spiegelt die heutige Sensibilität für gestaltete Natur und erinnert daran, dass „unberührte Landschaft“ oft auf stillgeschichteter Politik beruht. Wer sich für Gartenkultur, britische Geschichte oder Fragen von Macht und Ästhetik interessiert, erhält eine unterhaltsame und kritische Einführung.