Geschichtsjournalist Joachim Telgenbüscher und Historiker Nils Minkmar werfen einen Blick auf Georges Remi, den Schöpfer von Tim und Struppi. Sie thematisieren die Diskrepanz zwischen dem unaufgeregten Leben des Belgiers und der weltweiten Popularität seiner Comicfigur. ### 1. Tim und Struppi als französische Softpower Die Serie sei neben Mickey Maus und Superman Teil der westlichen Popkultur gewesen; selbst Charles de Gaulle habe Tim als „einzigen internationalen Rivalen“ bezeichnet. Telgenbüscher: „Es gab nicht nur Mickey Maus und Superman, sondern aus Frankreich […] der junge Reporter Tantan.“ ### 2. Obsession ohne Kenntnis der Quelle In Frankreich existiere eine „totale Obsession“ mit Hergés Werk; Menschen tragen Tim-Motive als Tattoos oder Wohnaccessoires, ohne die Alben je gelesen zu haben. Minkmar: „Manchmal habe ich die Befürchtung, das wird eine neue Religion oder Sekte.“ ### 3. Minimalistisches Leben, maximale Reichweite Remi habe kaum Belgien verlassen, doch seine Alben spielten weltweit und prägten Generationen. Die Moderatoren spiegeln dies wider: „Er führte eines der unscheinbarsten Leben, die man sich vorstellen kann.“ ### 4. Kultivierte Details statt Abenteuer Obwohl Hergé selbst keine Reisen unternahm, seien seine Geschichten durch akribische Recherche und „realistische Anmutung“ fiktiver Länder wie Syldavien überzeugend. Telgenbüscher: „Die trotzdem unheimlich eine realistische Anmutung haben.“ ### 5. Das Dr.-Rotül-Quiz als Beleg für Popkultur-Status Ein französischer „Wer wird Millionär“-Kandidat erkannte die Randfigur Dr. Rotül; Journalisten vermuteten Manipulation, was die tiefe Verankerung der Serie zeige. Minkmar: „Die Wahrheit ist, die Franzosen kennen Tim und Struppi einfach so gut.“ ## Einordnung Die Folge wirkt wie ein entspanntes Plaudergespräch, nicht wie ein kritisch recherchierter Essay. Die Moderatoren liefern unterhaltsame Anekdoten, bleiben aber auf der Oberfläche: Koloniale Stereotypien in frühen Alben, Hergés NS-Kontakte oder Einflüsse auf europäische Identitätsbilder bleiben unerwähnt. Stattdessen verharrt die Sendung in der Faszination über kommerziellen Erfolg und kollektive Erinnerung. Die Perspektive ist rein konsumkritisch: Tim und Struppi als Designobjekt, nicht als historisch belastetes Kulturgut. Es fehlt eine Einordnung, warum gerade diese Serie Teil frankophoner Softpower wurde und welche Machtstrukturen dadurch verstetigt wurden. Die Episode ist launig, aber wer tiefergehende Analyse erwartet, wird enttäuscht. Hörempfehlung: Wer nostalgische Tim- und Struppi-Anekdoten ohne politische Brille mag, ist hier genau richtig.