Die SRF-Politdiskussion zum Nahostkonflikt analysiert die Hamas-Antwort auf US-Präsident Trumps Friedensinitiative. Gastgeber Matthias König befragt Nahostexperte Jan Busse zur Bedeutung der "Ja-aber-Antwort" der Hamas, Netanyahus strategischer Überraschung und möglichen Folgen für die israelische Koalition. Busse erklärt, Netanyahu habe offenbar gewartet, dass Trump die unklare Hamas-Antwort ablehnen würde - was nicht geschah. Die Diskussion betont: Trump setzte Netanyahu nun unter Druck, die Offensivhandlungen zu stoppen - ein Machtpoker mit ungewissem Ausgang für Netanyahus Koalition, besonders weil Extremistenfraktionen Drohungen gegen Waffenruhen befürchten. ### Die Hamas biete ein klassisches "Ja, aber", mit klaren roten Linien Busse deutet die Hamas-Antwort als "klassisches Ja, aber", womit grundsätzliches Einverständnis bestehe, aber "ganz klar rote Linien" markiert worden seien. Der Plan sei anfangs angepasst worden, ohne die Hamas einzubeziehen, weshalb Vorbehalte vorhersehbar gewesen seien. ("Es ist keine vorbehaltlose Zustimmung gewesen, sondern es wurden ganz klar eben auch rote Linien markiert.") ### Netanyahu sei von Trumps Reaktion überrascht worden Nach Busse habe Netanyahu gehofft, die Hamas würde Nein sagen oder Trump würde ihr unklares Ja ablehnen. Trump interpretierte aber gerade diese Unklarheit als Friedensbereitschaft. ("Ich bin mir sicher, dass Netanyahu davon überrascht worden ist. Ich glaube, er hat insgeheim darauf gehofft, dass zum einen die Hamas womöglich nein sagen würde oder aber, dass Trump eben ein solches nicht ganz klares Ja der Hamas ablehne.) ### Waffenruhe sei praktisch Voraussetzung für Geiselfreilassung Busse betont, Geisel- und Leichenübergaben brächten organisatorische Herausforderungen, die kaum während Kampfhandlungen löstbar seien. Für die Hamas sei ein Waffenstillstand zudem zentral, um ihren einzigen Druckmittel nicht zu verlieren. ("In der Praxis würde ich sagen, ist es tatsächlich eine technische Voraussetzung..." / "die Geiseln sind so das einzige Faustfand, was sie haben.") ### Koalitionsbruch riskierend könnte Netanyahu Opposition stärken Netanyahu könnte auf Oppositionsstimmen setzen. Jair Lapids Fraktion signalisierte Zustimmung zum Friedenskurs, wodurch Netanyahu unabhängig von extremen Koalitionsparteien wäre. Unklar sei, ob dies Neuwahlen bedeutete und wie Netanyahu seine Position sähe. ("...diese Partei eben Netanyahus Friedenskurs zustimmen würde. Weshalb er dann in diesem Fall gar nicht auf direkt extremen Koalitionsmitglieder angewiesen wäre.") ### Die Zweistaatenlösung bleibt völkerrechtlich zentral Busse betont, dass langfristig nur eine Verhandlungslösung mit realistischer Perspektive auf ein eigenständiges Palästina radikale Gruppen wie die Hamas entlangzuschwächen vermag. Weder Entwaffnung noch Pufferzonen seien ohne den Ausblick auf Selbstbestimmung dauerhaft. ("...wenn man die Hamas dauerhaft schwächen möchte..., dann geht es nur, indes es wirklich die Perspektive auf eine verhandelte zwei Staatenregelung gibt.") ## Einordnung Die Sendung zeichnet sich durch klare Trennung von Faktenlage und Einordnung aus. Busse differenziert zwischen kurzfristigen Machtspielen (Netanyahu vs. Extremisten, Trump vs. Netanyahu) und langfristiger Vermittlung. Auffällig ist das Fehlen palästinensischer Stimmen - Hamas-Aussagen werden ausschließlich durch westliche Akteure vermittelt. Die Diskussion reproduziert implizit ein Machtgefälle: Trumps Ultimaten werden als gegeben behandelt, während völkerrechtliche Grundlagen (z.B. illegale Besetzung) kaum problematisiert werden. Die Sendung positioniert sich als neutrale Vermittlung, lässt aber Raum für Kritik an Netanyahus Kalkül ohne Extremistenpositionen zu legitimieren. Zwar fehlen arabische Perspefiven, doch Busse verweist auf das Selbstbestimmungsrecht als Alternative zu militarisierten Lösungen, was insgesamt einen moderaten, auf Friedensperspektiven ausgerichteten Diskurs darstellt.