Im Deutschlandfunk-Podcast "Der Tag" vom 23. September 2025 diskutieren Tilko Gries und Korrespondent Stefan Detjen die Palästina-Anerkennung durch Frankreich und andere westliche Staaten sowie die deutsche Weigerung, diesem Beispiel zu folgen. Im zweiten Teil geht es um Drohnen- und Jet-Vorfälle über NATO-Luftraum, etwa in Estland und Polen, und darum, wie Medien Fakten von Interpretation trennen. ### Frankreichs Anerkennung Palästinas als Signal Präsident Macron erklärte vor der UN-Vollversammlung in leidenschaftlicher Rede: "Pour la paix ... je déclare que la France reconnaît aujourd'hui l'état de Palestine." Frankreich sieht darin einen politischen Hebel, um Druck auf Israel auszuüben und die Gewalt in Gaza zu stoppen; die Bundesregierung hält den Schritt dagegen für verfrüht und bleibt bei ihrer Ablehnung. ### Deutschlands isolationistische Position Deutschland argumentiert mit seiner historischen Verantwortung gegenüber Israel und verweist auf juristische Klärung des Genozidvorwurfs durch internationale Gerichte. Diese Haltung stoße laut Detjen auf immer weniger Verständnis; selbst EU- und G7-Partner wie Australien, Kanada, das Vereinigte Königreich und nun Frankreich erkennen Palästina an, sodass Deutschland sich zunehmend isoliert. ### Innenpolitische Risse in der schwarz-roten Koalition Die Debatte spaltet die Koalition: SPD-Politiker äußern sich kritischer gegenüber Israels Vorgehen, während Teile von CDU/CSU vor allem unter dem Druck der CSU eine stark pro-israelische Position einnehmen und Waffenexporte betreuen. Friedrich Merz verschärfte nach seiner Wahl die deutsche Ton gegenüber Netanyahu und stoppte weitere Rüstungslieferungen, solange Waffen in Gaza eingesetzt werden könnten. ### Betroffenheit der palästinensischen Diaspora Tausende palästinensische Staatenlose in Deutschland erhoffen sich durch eine Anerkennung Palästinas Rechtssicherheit, etwa das Recht auf einen Pass und Abschiebeschutz. Viele Demonstrationen wurden verboten, palästinensische Symbole pauschal untersagt; Anerkennung würde ihr rechtliches Selbstverständnis stärken. ### Drohnen- und Jet-Vorfälle über Estland und Polen Estnische und polnische Behörden melden wiederholte Luftraumverletzungen durch russische Kampfjets bzw. Drohnen ohne Transponder-Signal. Beobachter:innen deuten dies als Test der NATO-Abwehr; Russland bestreitet die Vorwürfe und lenkt auf die Ukraine ab. Deutschlandfunk-Rechercherin Gesine Dornblüth betont, man solle sich auf bestätigte Fakten beschränken und nicht spekulieren. ### Faktencheck vs. Desinformation Die Redaktion nimmt Leser:innen-Kritik ernst, Informationen klar zu kennzeichnen. Russland nutzt laut Dornblüth systematisch Desinformation, um Misstrauen zu säen, Spaltungen in der NATO sichtbar zu machen und Unterstützung für die Ukraine zu schwächen. Historische Beispiele wie MH17 oder Nord Stream zeigen, dass sich frühe Schuldzuschreibungen oft als falsch herausstellen. ## Einordnung Der Podcast liefert journalistisch aufbereitete, sachliche Informationen und differenziert akribisch zwischen belegten Fakten und politischer Interpretation. Die Gesprächspartner:innen verzichten auf einseitige Schuldzuweisungen, zeigen innen- und außenpolitische Zusammenhänge auf und reflektieren offen die Grenzen der eigenen Erkenntnisse. Die Sendung gibt betroffenen Perspektiven wie der palästinensischen Diaspora Raum, ohne parteipolitische Positionen zu vertreten. Besonders bemerkenswert ist die transparente Auseinandersetzung mit Fakten und deren Sicherheit sowie die selbstkritische Wahrnehmung der eigenen Berichterstattung. Es handelt sich um ein professionelles, journalistisch anspruchsvolles Format, das keine problematischen oder rechten Inhalte fördert.