Wie Rechte reden: Soziologe Felix Schilk über das Interview mit Ex-Nazi Erik Ahrens
Eine Analyse des Ex-Rechtsextremen Erik Ahrens liefert neue Einblicke in die AfD: Warum die Partei als "politisierte Depression" verstanden werden sollte und Opportunismus ihr gefährlichster Kern ist.
Wie Rechte reden
26 min readDer Newsletter "Wie Rechte reden" präsentiert ein Interview mit dem Soziologen Felix Schilk, der ein Gespräch des Zentrums für Politische Schönheit (ZfPS) mit dem ehemaligen rechtsextremen Digitalstrategen Erik Ahrens analysiert. Schilk hält Ahrens' Einblicke für wertvoller als viele etablierte Medienanalysen und hebt dessen These hervor, die AfD sei eine "politisierte Depression". Diese Perspektive beschreibe den destruktiven und nihilistischen Kern der rechten Bewegung, der nicht nur Minderheiten, sondern auch die Anhänger:innen selbst schädige. Laut Schilk sei rechtes Denken ein Verstärker für Misstrauen und Aggression, was bei manchen Rechten zu Befremdung führe und einen Ansatzpunkt für Gegenstrategien biete.
Schilk argumentiert, dass der Kampf gegen den Rechtsruck weniger über Sachpolitik oder die reine Verurteilung von Menschenverachtung zu gewinnen sei, da die psychologischen Mechanismen wie Ohnmachtsgefühle und der Wunsch nach Selbstermächtigung entscheidender seien. Er stützt Ahrens' These, dass die AfD weniger von überzeugten Ideolog:innen als von Opportunist:innen getragen werde, was er für weitaus gefährlicher hält. Dieser Opportunismus ermögliche es, faschistische Positionen zu tolerieren und mache die Partei anschlussfähig für den Gegenwarts-Autoritarismus, der sich in Forderungen nach harter Law-and-Order-Politik zeige. Als effektive Strategie schlägt Schilk vor, die inneren Widersprüche der AfD gezielt offenzulegen, indem man ihre Funktionär:innen zwingt, sich mit klaren "Ja"- oder "Nein"-Antworten zu fundamentalen Fragen zu positionieren und so Teile ihrer Wählerschaft zu enttäuschen.
Länge des Newsletters: 25017
## Einordnung
Der Newsletter fokussiert stark auf eine strategisch-analytische Perspektive und nimmt dabei die Aussagen des "Aussteigers" Erik Ahrens als glaubwürdige Grundlage für die Analyse von Felix Schilk. Die Stimmen von Betroffenen rechter Gewalt oder die moralische Dimension von Ahrens' früherem Handeln werden ausgeblendet; der Fokus liegt auf der Nutzbarmachung seiner Insider-Kenntnisse. Eine zentrale, implizite Annahme ist, dass psychologische Deutungsmuster und rhetorische Strategien wirkmächtiger sind als sozioökonomische Faktoren, was sich in der pointierten Ablehnung von "Sachpolitik" als Lösung manifestiert. Diese starke These wird als gegeben dargestellt und nicht weiter hinterfragt.
Das Framing der AfD als "politisierte Depression" ist einprägsam und bietet einen neuen Deutungsrahmen, der die emotionale und psychologische Anziehungskraft der Partei erklärt. Gleichzeitig birgt es die Gefahr, ein politisches Phänomen zu psychologisieren und strukturelle Ursachen zu vernachlässigen. Der Newsletter fördert die Agenda einer intellektuellen und strategischen Auseinandersetzung mit der extremen Rechten. Er ist besonders lesenswert für Personen, die nach neuen Argumentationslinien und tiefergehenden Analysen der Funktionsweise der AfD suchen und bereit sind, sich auf eine komplexe, psychologisch fundierte Perspektive einzulassen.