Die Folge „Kleidung recyceln – wie aus Altkleidern neue Garne werden“ (IQ – Wissenschaft und Forschung, BR) begleitet Renate L. auf ihrer Recherche durch Secondhand-Läden, Sortierbetriebe und Textilforschungslabore. Sie spricht mit Helmut Huber und Ulrike Keppler (Rotes Kreuz Nürnberg), Sebastian Geldhäuser und Stefan Schlichter (Institut für Textiltechnik Augsburg), Dark Wiebelhaus (BASF), Sanna Due (EU-Umweltagentur) sowie Uwe Feige (VKU) über Wege und Hindernisse eines echten Kreislaufs für Altkleidung. ### Fast Fashion macht Wiederverwendung nahezu unmöglich Huber und Keppler berichten, dass nur 4–5 % der Altkleider im Rote-Kreuz-Laden landen. Der Rest müsse zu Sortierbetrieben, wo viele Teile – etwa „dünn wie Tücher“ gewordene T-Shirts – direkt als „Müll“ durchfielen. Keppler: „Also eigentlich ist es Müll.“ ### Exportmärkte brechen weg – Gefahr der Verbrennung Huber warnt, dass wegen des Ukrainekriegs und chinesischer Billigware afrikanische Märkte wegbrechen. Der Secondhand-Markt „könnte kippen“, sodass die Einrichtungen die Ware selbst bezahlt verbrennen müssten: „Das geht einfach nicht.“ ### KI-gestützte Sortierung öffnet Tür zum Faser-zu-Faser-Recycling In Augsburg scannt eine KI-basierte Anlage bei 1 m/s Kleidung auf Faserart, Zustand und Strick-/Web-Qualität. Schlichter: „Wir können … Rückschlüsse auf die Fasern … bekommen“, um anschließend hochwertiges Garn zu spinnen. ### Mechanisches Recycling funktioniert – aber Elastan bleibt Stolperstein Reines Baumwoll-Polyester-Mischgewebe („Hotelbettwäsche“) wird bereits wieder zu Garn; Elastan-Anteile (z. B. 2 %) verhindern dies. Lösungen seien „noch nicht zufriedenstellend“, aber durch spezielle Stricktechniken lasse sich Elastizität ohne Elastan erzeugen. ### Chemisches Recycling: BASF und Carbios zeigen Closed-Loop-Beispiele BASF spaltet Polyamid-6-Alttextilien in Wasser wieder in farbloses Granulat (Lupamit) und verarbeitet es zu neuen Fasern. Carbios nutzt ein optimiertes Enzym, um PET-Monomere zurückzugewinnen und daraus T-Shirts zu produzieren. ### EU-Separate-Sammlung ab 2025 – Kommunen fürchten Stau Ab 1. Januar 2025 müssen Textilien EU-weit getrennt erfasst werden. Feige (VKU) fordert, „versiffte“ Ware weiter der Restmülltonne zuzuführen, da sonst das Recycling ganzer Ladungen scheitere. Fehlende Industrieanlagen für sortenreine Stoffe führen zu einem „Henne-Ei-Problem“: Ohne Input keine großtechnischen Recyclinganlagen – ohne solche lohnt sich hochwertiges Sortieren nicht. ## Einordnung Der Beitrag arbeitet sich methodisch klar von der Wohlstandsperspektive vor: Secondhand als Wohltat für Konsument:innen hier, Export in den globalen Süden als Selbstverständlichkeit, Recycling als Innovationswettlauf deutscher Hochschulen und Chemiekonzerne. Kritische Stimmen der Textilarbeiter:innen in Produktionsländern, der Umwelt-NGOs oder der Importländer fehlen völlig; so bleibt unhinterfragt, warum billige Wegwerfmode überhaupt produziert werden darf. Gleichwohl liefert die Sendung einen fundierten Überblick über Stand und Hemmnisse technischer Recyclinglösungen und verdeutlicht die Brisanz des neuen EU-Rechts. Die Frage, ob der finanzielle Anreiz durch Herstellerabgaben ausreicht, bleibt offen – ebenso wie soziale Gerechtigkeit entlang der globalen Textilkette.