Kerstin Palzer (ARD-Unionsexpertin) und Sarah Beham (ARD-Familienpolitik) diskutieren mit Selly Kahya über Friedrich Merz‘ vagen Begriff „Stadtbild“ und Markus Söders Balanceakt zwischen Rechtsaußen und bürgerlicher Mitte. Söder stützt Merz trotz eigener Ambitionen, attackiert die AfD als „Systemfeind“ und füllt mit provokanter Rhetorik die sozialen Medien. Parallel zeigt sich, dass das neue „XXXL-Ministerium“ von Karin Prien (BMBFSFJ) trotz vieler Ankündigungen (Ganztagsbetreuung, Kita-Geld, Social-Media-Schutz) bislang kaum konkrete Ergebnisse liefern kann; Elterngeld- und Väterurlaubs-Erhöhungen sind vom Finanzierungsvorbehalt abhängig und damit offen. Die Union nutzt die Debatte, um die bürgerliche Mitte zu mobilisieren, während intern Junge vor allem Söders Alleingänge und fehlende Nachfolgeplanung kritisieren; ein möglicher Wechsel Priens ins Bundespräsidentenamt kursiert als Gerücht. ### Merz’ „Stadtbild“-Formulierung bleibe bewusst unklar, um Wähler:innenstimmen rechts der Mitte anzusprechen Palzer berichtet, 63 % der Deutschen stünden hinter Merz’ Aussage, weshalb Söder ihn stärke. Beham ergänzt, dass die Union zwar betone, Integrationsbemühungen nicht zu kritisieren, aber dennoch „Frauen bestellten sich ein Taxi und gingen nicht mehr durch den Park“. Merz’ Appell an Töchter („fragt mal eure Töchter“) diene der Emotionalisierung – konkrete Politik für Frauen werde indes von der SPD abgedeckt. ### Söder positioniere sich als konservatives Bollwerk gegen die AfD, ohne neue Strategie Söder bezeichne die AfD als „Systemfeind“ und „Putin-treu“, gleichzeitig halte er an markigen Sprüchen fest. Beham konstatiert: Es fehle ein erkennbares Konzept, lediglich die wiederholte Absage zur Zusammenarbeit. Palzer sieht darin eine Reaktion auf interne Debatten über mögliche Koalitionen und auf Umfrageverluste. ### Die Union habe kein durchdachtes Konzept gegen die AfD – nur Personal- und PR-Offensiven Einziges Konkretes seien geplante „Bus-Touren“ in Regionen mit schwachem Wahlergebnis. Social-Media-Präsenz gelte als Hauptfeld, wobei Söder mit 760 000 Instagram- und 250 000 TikTok-Follower:innen „quasi ein kleiner Star“ sei. Junge Abgeordnete fordern mehr inhaltliche Profilierung statt Alleingängen. ### Karin Prien und ihr Riesenressort stehen noch in den Startlöchern – viele Versprechen, wenig Geld Das BMBFSFJ bekomme zwar 4 Mrd. € für Kita-Sprachförderung, aber weder konkrete Summen für Schulsanierungen noch gesicherte Elterngeld-Erhöhungen. Väterurlaub werde aus EU-Rechtsgründen nicht umgesetzt; stattdessen verweise das Ministerium auf Elternzeit und Elterngeld, das seit 2007 nicht mehr gestiegen sei. Beham: „Finanzierungsvorbehalt“ lasse vieles offen. ### Gerüchte um Prien als mögliche Bundespräsidentin zeigen Symbolik- statt Substanzpolitik Ihre Begleitung von Steinmeier nach Wien interpretiert Palzer als „Praktikantinnen-Image“. Jüdische Wurzeln und weibliche Kandidatur würden als „Zeichen in der Antisemitismus-Debatte“ gelten. Konkrete politische Erfolge werden nicht genannt. ## Einordnung Die Sendung wirkt wie ein strategisches Nachrichten-Management der Union: Merz’ unklare Formulierung wird nicht hinterfragt, sondern als Meinungsbild verkauft; Söders Provokationen erscheinen als „Kommunikationsgenie“. Kritische Gegenstimmen fehlen völlig – weder Betroffene noch Migrationsforscher:innen kommen zu Wort. Stattdessen zitieren die Korrespondent:innen interne Umfragen und „Bus-Touren“ als Strategie gegen die AfD. Die Machtfrage bleibt ungestellt: Wer profitiert davon, wenn „Sicherheit“ und „Stadtbild“ über Lebensrealitäten gestellt werden? Der Anspruch eines öffentlich-rechtlichen Formats, Vielschichtigkeit zu zeigen, wird hier nicht erfüllt – es bleibt bei Wiederholung parteipolitischer Botschaften.