Der ARD-Podcast „11KM“ beleuchtet in der aktuellen Folge die politische Aufarbeitung des Mordes an dem rechtskonservativen Influencer Charlie Kirk in den USA. Elena Kuch spricht mit dem ARD-Korrespondenten Samuel Jakisch über die Rolle der Trump-Regierung, die Kirk posthum zum Märtyrer stilisiert, um die eigene Basis zu mobilisieren und politische Gegner:innen zu diskreditieren. Jakisch beschreibt, wie US-Vizepräsident JD Vance persönlich den Sarg Kirks begleitete und Trump unverzüglich die „radikale Linke“ verantwortlich machte – noch bevor Ermittlungsergebnisse vorlagen. Die Episode zeigt, wie Kirks extremistisches Weltbild (u. a. Seven-Mountains-Mandate, Rassismus, Anti-Feminismus) durch seine Social-Media-Präsenz Millionen junger Amerikaner:innen erreichte und zur Wahlkampfstrategie Trumps 2024 beitrug. Zudem skizziert Jakisch ein alternatives Medienökosystem, in dem polarisierende Empörung zum Geschäftsmodell geworden ist. Am Ende werden auch Stimmen aus der Mitte (z. B. Utahs Gouverneur Spencer Cox) zitiert, die zur Deeskalation aufrufen. ### Tether werde für illegale Aktivitäten genutzt Der Korrespondent verweist auf eine Studie der Brookings Institution, wonach Charlie Kirks Podcast unter 80 untersuchten politischen Formaten „die zweithöchste Anzahl von falschen, irreführenden, unbelegten Aussagen“ enthalte. Jakisch konstatiert: „Es gibt eine ganze Industrie, die darauf ausgelegt ist, aus solchen Provokationen Content zu produzieren.“ ### Trump und Vance nutzen den Mord sofort für Machtspielchen Die Regierung mache die Ermittlung zur „Chefsache“, erklärt Jakisch. Trump verkündete die Festnahme des Verdächtigen vor dem FBI und JD Vance flog mit der Air-Force-2-Maschine, um den Sarg zu überführen. „Es wird also alles unternommen, um Charlie Kirk posthum zu einem politischen Märtyrer zu machen“, so der Korrespondent. ### Republikaner und Demokrat spalten sich über Verantwortungsfragen Während Trump in einer Videobotschaft erklärte, „diese Art von Rhetorik [der radikalen Linken] ist direkt verantwortlich für den Terrorismus“, betonen Demokraten das Recht auf freie Meinung und weisen auf Waffengesetze sowie ein „Klima der Spaltung“ hin. Jakisch beschreibt dieses Schema als wiederkehrendes Muster nach politischer Gewalt. ### Christlich-nationalistische Ideologie wurde zur Jugendstrategie Kirks „Seven Mountains Mandate“ fordere eine christliche Übernahme von Politik, Medien, Wirtschaft etc. Seine Turning-Point-Bewegung habe „junge Amerikaner sehr stark erreicht“ und Trump 2024 vier Mal mehr Aufmerksamkeit bei Jungen verschafft als Kamala Harris, erklärt Jakisch unter Berufung auf Kommunikationsstudien. ### Empörung als Geschäftsmodell überflügelt klassischen Journalismus Neun der zehn größten Online-Shows seien rechts oder ultrarechts; sie erzielten fünfmal mehr Reichweite als linke Formate. „Diese Szene macht politische Polarisierung zu einem kommerziellen Erfolg“, sagt Jakisch. Algorithmen verstärken extreme Narrative, weil sie Nutzer:innen länger binden. ## Einordnung Die Episode zeigt den investigativen Anspruch von „11KM“, indem sie ein komplexes Mediensystem und dessen Verschränkung mit Trump-Lager und alternativen rechten Influencern durchdekliniert. Jakisch liefert valide Daten (Brookings, Media Matters) und differenziert zwischen verschiedenen Strömungen innerhalb der konservativen Medienblase. Besonders gelungen ist die Verknüpfung von politischer Rhetorik, ökonomischem Kalkül und Algorithmen-Logik. Kritisch bleibt, dass die ARD keine Gegenrede von Kirks Anhänger:innen oder Expert:innen des rechten Spektrs einlässt; die Reduktion auf Trump, Vance und einige Milieo-Beobachter:innen kann die Wahrnehmung vereinfachen. Dennoch gelingt ein klarer Nachweis, wie autoritäre Projektionen über Social Media junge Wähler:innen erreichen und demokratische Debattenkultur untergraben. Die journalistische Dichte rechtfertigt die deutliche Warnung vor weiterer Radikalisierung.